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Vor 25 Jahren schließt die Poststation Südkampen- mehr als 350 Jahre Postgeschichte enden damit

20210203Re Postkutsche Südkampen um 1880Briefe, Pakete und telefonieren gehören heute zum täglichen Leben. In vielen Teilen erfolgt ihre Erledigungen mit dem eigenen Computer oder Smartphone. Vor rund 25 Jahren hielt die Post in vielen kleine Ortschaften eigene Postschalter vor. Zu der Aufgabe von Brief- und Paketversand erledigten die Einwohner auch ihre Geldgeschäfte an diesen Anlaufstellen. Über viele Jahrhunderte war die Post aber auch ein wichtiger Anlaufpunkt zum Austausch von Neuigkeiten. Am 01. Oktober 1997 schloss die Poststelle in Südkampen und damit auch nach mehr als 350 Jahren das Kapitel Postgeschichte.

20210211Re Hof Kappenberg Südkampen Nr 1 um 200020210211Re Poststation Südkampen Nr.1 um 1930Die geografische Lage an einer der wichtigsten Handelsstraßen von Braunschweig- Celle- Walsrode-Verden-Bremen (Heute L 160), ließ in Südkampen eine Pferdewechselstelle entstehen. Nach dem dreißigjährigen Krieg (1618-1648) übernahm die Poststation Südkampen eine wichtige Rolle, das mit zahlreichen Postvorgängen z. B. Fahrrouten, Fahrzeiten sowie Zollangelegenheiten für die Jahre 1670 bis 1753 belegt werden kann. Aufzeichnungen aus dem Jahr 1641 beschreiben eine Station „Spedition Campen“, die mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Poststreckenausbau entstanden ist. Aus dieser Zeit stammt auch eine Beschwerde des Verdener Postmeisters Köhnecke über den Posthalter Hinrich Öhlsen aus Campen. Öhlsen hatte sich angewöhnt, Reisende, die nach Bremen wollten, direkt an Verden vorbei nach Langwedel zu bringen. Dem Verdener Postmeister gingen dadurch wichtige Einnahmen verloren und man verbot dem Südkämper Öhlsen am 03.September 1670 das Postfahren. An seine Stellen traten nun Johann Köther und Hans Hermann Rötger aus Südkampen. Ein Überfall des Postwagens am gleichen Tag, sorgte dafür, dass die Celler Regierung zwei Reiter und einen Corporal nach Südkampen zur Begleitung der Postkutsche abstellte.

1695 einigten sich vor die Südkämper Bauern vor dem Amtmann in Rethem abwechselnd den Postwagen und die gewinnbringenden Extraposten zu fahren. Der Postillion Cord Rötger warft 1715 eine Postkutsche auf seiner Fahrt um und musste dafür acht Tage bei Wasser und Brot im Gefängnis sitzen.

20210205 Meilenstein Postamt Soltau von 1818Um 1762 gab eine Hauptpostline von Bremen in das Herzogtum Lüneburg Celle, die über Südkampen führte und als Poststation einfach nur „Campen“ geführt wurde. Selbst als die Station 1811 mit einem einzeiligen Poststempel ausgestattet wurde, lautete die Inschrift nur Campen und war bis 1840 in Gebrauch. Mit Anna Margarethe Kuhlmann geb. Hogrefe führte um 1833 eine Frau die Poststation, die als Postverwalterin dafür zu sorgen hatte, dass zweimal wöchentlich die Postkutsche nach Verden und Walsrode fuhr. Zudem zahlte die Postverwaltung ihr 315 Taler für zweimal wöchentlich Fuhren nach Hademstorf. Für Bürokosten (Miete, Licht, Papier usw.) gab eine jährliche Entschädigung von 52 Taler und neun Groschen aus der Postkasse.  Am 01.Juli 1847 wurde die Post-Spedition Campen aufgehoben und es gab nur noch das Posterelais (Wechselstation für Pferde). Ab 1862 wurde ein Briefsammlung eingerichtet, die im Taschentausch mit dem Postamt Verden viermal wöchentlich stattfand.

Erst ab diesem Zeitpunkt setzte eine tägliche Briefzustellung ein, so dass täglich eine zweispännige Personenpost von Walsrode nach Verden fuhr.  Bewohner aus Südkampen konnten morgens mit der Post nach Verden fahren, um Einkäufe zu erledigen und abends wieder mit der Post zurückkehren. In der Südkämper Chronik ist vom Dorfchronisten Heinrich Spöring (Jahrgang 1872) vermerkt: „Wenn der Postillion des Abends den Ort wieder verlassen und im Schritt den Weißen Berg (Ortsausfahrt in Richtung Kirchboitzen) hinauffuhr, dann blies er jeden Abend auf seinem Posthorn das Lied „Schier 30 Jahre bist du alt“. Mit der Einführung der Eisenbahn Hannover- Visselhövede im Jahr 1890 ist dieser Postverkehr von der Kutsche auf die Schienen gewechselt.

Zentraler Ort der Post war fast 300 Jahre lang „Dreiershof“ Südkampen Nr. 1 am Ortseingang aus Richtung Kirchboitzen. Die Lage an der heutigen Landstraße 190 machte ihn für die Anlaufstelle der Überlandpost, Dorfkrug bis 1910 und wichtigen Ort für Nachrichten und Ereignisse. Nicht selten war dieser Ort ein Treffpunkt für die jüngeren Dorfbewohner, die sich an dieser zentralen Schaltstelle gern über Neuigkeiten informierten- mitunter die einzige Form der Nachrichtenübermittlung in dieser Zeit. An diesem Ort fand unter anderem im Jahr 1905 auch die öffentliche Versteigerung der Ländereien des Südkämper Gutshof von dem Busche statt.

Die zahlreichen Flüchtlinge sorgten in den Ortschaften für einen enormen Anstieg der Postarbeit.

20210203Re Marianne KappenbergAls 14jähriges Mädchen unterstützte Marianne Kappenberg (Jahrgang 1930) ihren Vater bei dieser Arbeit. „Trotz ihres geringen Alters sorgte ihr Vater für meine Vereidigung mitten im zweiten Weltkrieg“, berichtet die heute 91jährige Südkämperin. Neben der Postsortierung und Zustellung gehörten auch Rentenzahlungen und andere Geldgeschäfte zu ihren Aufgaben. Die Poststelle war auch der Ort, wo der öffentliche Fernsprecher war, der sich im Amtszimmer befand und per Hand bedient werden musste. „Zumeist wurde dieser gebraucht, um Arzt oder Tierarzt zu rufen“, erinnert sich die älteste Südkämper Einwohnerin zurück. Über eine Vermittlungsstelle in Kirchboitzen bei Kaufmann Wunsch wurde dazu der Kontakt herstellt. Aufgrund der fehlenden Erfahrung geschah dieser Vorgang mit Unterstützung des Posthalters. Arzt oder Tierarzt meldeten sich dann nach ihrer Ankunft in der Poststelle Südkampen Nr. 1. „Dr. Hoffmeyer aus Rethem musste sich ja hier den Weg erklären lassen“, lacht Marianne Kappenberg, die als letzte Posthalterin bis 1947 auf dem Hof aktiv war. Neben der Tageszeitung war das Radio eines der wichtigsten Informationsquellen. Die monatliche Gebühr musste die Posthalterin ebenfalls kassieren. Nach dem Krieg wechselte die Poststelle in die Gaststätte Karl Meyer. 20210203Re Handpaketwaage um 1900Die Poststelle war hier bis 1984 neben dem Eingang zur Gaststube angesiedelt und ist für viele Einwohner aus Südkampen immer noch in Erinnerung, wie auch der öffentliche Fernsprecher in der Gaststube. Verantwortliche Posthalterin war in dieser Zeit Gertrud Meyer. Neben der Sortierung der Post, die täglich von der Hauptpost Walsrode mit dem Postauto gebracht wurde, lag die regelmäßige Öffnung des Postschalters in ihrer Verantwortung. Zusätzlich zur Auslieferung der Hauptpost wurde das Postauto aus Walsrode in dieser Zeit auch zur Personenbeförderung genutzt. So legte die Schwiegermutter von Marianne Kappenberg zwischen 1950 und 1960 die Strecke von Klein Eilstorf nach Südkampen mit dem Postauto zurück. Bis Anfang der 1980iger Jahre erfolgte eine Postverteilung von Personen vor Ort. Die Austeilung erfolgte mit dem Fahrrad später dann mit dem Auto. Da jeder im Dorf jeden kannte und die mehrgenerationenhaushalte in überwiegender Zahl vorhanden waren, hatten nur wenige einen Postkasten. Die Post wurde meist persönlich überreicht oder an bestimmten Orten abgelegt. Vereinzelt erfolgte es aber auch so, wie in den Erinnerungen von Roland Ehlers (Jahrgang 1976): „Die Postbotin öffnete die Haustür und warf die Post mit Schwung auf unseren riesigen Hausflur. Nicht selten landeten einzelne Briefe unter dem großen Schrank“.20210203Re 1971PoststempelSüdkampen

20210203Re Elfriede WöhlkeMit der Übergabe des Postschalters an Elfriede Wöhlke (1984) erfolgte in Südkampen eine zentrale Zustellung von Walsrode. Die weiteren Aufgaben wie Einzahlungen, Rentenzahlungen, Paketdienste, Briefmarkenverkauf sowie Annahme und Ausgabe von Zustellungen erfüllte die Poststelle täglich mit einer dreistündigen Öffnungszeit für Bewohner und Firmen.  Aus Gründen der Rationalisierung fand die traditionsreiche Poststelle „Campen“ dann 1997 nach über 350jähriger Geschichte ihr Ende.
erschienen am 11.02.2021 in der Walsroder Zeitung